Ausgabe
Der auf der Laertius-Plattform vorliegende elektronische Text der Leben und Meinungen berühmter Philosophen von Diogenes Laertius ist das Ergebnis eines Vergleichs der folgenden vier Ausgaben: Diogenes Laertius, ed. R. D. Hicks, 2 Bde. (Loeb Classical Library, 1925); Diogenes Laertii Vitae Philosophorum, ed. H. S. Long, 2 Bde., Oxford, The Clarendon Press, 1964; Diogene Laerzio, Vite dei Filosofi, a cura di M. Gigante, Bari, Laterza, 1964 (italienische Übersetzung mit nebenstehender Rekonstruktion des griechischen Textes aufgrund der philologischen Anmerkungen des Herausgebers); Diogenes Laertius, Vitae Philosophorum, ed. M. Marcovich, 2 Bde., Bd. I: Libri I-X, Stuttgart-Leipzig, B.G. Teubner, 1999.
“Diogenes Laertius gehörte keiner philosophischen Schule an, war jedoch ein Mann mit vielen Büchern. Er kann nicht als systematischer Philosoph angesehen werden, aber als Mann, der sich im aristotelischen Sinne als wißbegierig gegenüber dem Leben und den Lehren der berühmten Philosophen zeigte. Für ihn ist die Philosophie eine Schöpfung des griechischen Genies, keine Erfindung der Barbaren; Diogenes lebt seiner Zeit abgewandt, und Griechenland ist für ihn noch der Mittelpunkt der Welt. Der Ursprung eines solchen Hellenozentrismus ist, wie mir scheint, zweifellos aristotelisch. Er kennt die Weisen und die Philosophen, unterscheidet die ionische Philosophie und die italische Philosophie, kennt die Abfolgen – die Gründer, die Lehrer, die Schüler – die Bezeichnungen der Schulen, die Teile der Philosophie, die Unterscheidung zwischen Sekte und Lebensrichtung” (Marcello Gigante in: Diogene Laerzio, Vite dei Filosofi, a.a.O., S. XV).
“Diogenes Laertius ist kein Historiker im Sinne des ersten Buchs der Metaphysik des Aristoteles oder Hegels; trotzdem ist sein Werk kein reiner ‘Vorrat von Meinungen’ noch ‘eine Galerie von Meinungen’ oder ‘ein Reim unterschiedlicher Meinungen’, den Hegel als ‘überflüssig und langweilig’ apostrophiert. Diogenes konstruiert seine Leben von unten, d. h. im Ausgang von der historiographischen Tradition ungleichen Wertes, anstatt von oben, aufgrund eines organischen Systems, welches es zu verifizieren oder anhand einer Quellenuntersuchung zu erfinden gelte. Er besitzt nicht die spekulative Intelligenz eines Aristoteles; seine Informationen fügen sich keinem vorherbestimmten Schema dessen, was Wahrheit oder Vorbereitung zur Wahrheit ist, ein. Er ist weder ein richtiger Philosoph noch ein richtiger Esel: er zieht es vor, das Material, das ihm zur Verfügung steht, mit einem Minimum an Systematizität und einem Maximum an Freiheit zu untersuchen und darzulegen. Daher gefiel er Montaigne, dem Feind der Pedanten, und Nietzsche, dem Feind der Systematizität” (Marcello Gigante, a.a.O., S. XXI).